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Skulpturen sind im Raum gestaltete OberflĂ€chen, welche die Grenze des umschlossenen und des angrenzenden Raumes beschreiben. Durch die Gestaltung der OberflĂ€che wird die Aussage der Skulptur vermittelt. Welcher Art sind die Beziehungen zwischen Aussage und OberflĂ€che, wie wird das Wesen erfaĂt? Drei Quellen sind auszumachen:
Idealtypisch verbinden sich diese Wesen zur spezifischen Aussage der Skulptur. Soweit die groben ZusammenhĂ€nge. Doch wie gestalten sich die feinen Beziehungen der vielgliedrigen Schichtungen der Wesen untereinander? Wie schon angedeutet, wird die Skulptur zunĂ€chst durch das Aufzwingen einer Idee von auĂen geboren. Das Material, welches sein Wesen im Inneren trĂ€gt, wird formiert. Dabei berĂŒhrt der FormierungsprozeĂ dieses innere Wesen (Eigenwesen) unterschiedlich, da:
Strukturelle und rĂ€umliche Dimension Das Eigenwesen wird durch individuelle z.T. submikroskopischen Strukturen, anhand derer verschiedene StĂŒcke ein und desselben Materials unterscheidbar werden, bestimmt. Massendimension Die Masse des Materials der Skulptur ist ganz entscheidend fĂŒr die Wechselwirkung mit dem Umfeld. Sie bestimmt wesentlich die Einordnung der Skulptur in die Umwelt unter EinschluĂ des Betrachters. Sie ist die bestimmende Komponente im System Skulptur/Umfeld. So Ă€ndert sich der Blickwinkel und die Erfassungsmöglichkeiten der Aussage mit z.B. der Entfernung von Skulptur und Betrachter. Es findet mit wachsendem Abstand eine Entdifferenzierung der Aussage bis zur Ununterscheidbarkeit statt. Diese Fernwirkung ist nur noch eine schwache Wechselwirkung. Zeitdimension Das Material unterliegt einer zeitlichen VerĂ€nderung, deren Geschwindigkeit von den Materialeigenschaften und den UmwelteinflĂŒssen abhĂ€ngt. Die VerĂ€nderungen bei Steinskulpturen sind langsam, Klangskulpturen verĂ€ndern sich augenblicklich. Alle fĂŒr das Eigenwesen in Anspruch genommenen Charakteristiken gelten auch fĂŒr die Wechselwirkungen der Idee, die dem Material im schöpferischen ProzeĂ "aufgezwungen" wird. Es ist die ganze Welt der Gestalt-, Bewegungs- und Farbschemata, die hier zur Wirkung kommt. So ist fĂŒr die Vermittlung der Aussage die Gestaltung der OberflĂ€che von entscheidender Bedeutung. Dabei geht es nicht nur darum die eigentliche OberflĂ€chenstruktur zu beeinflussen z.B. Polieren einer BronzeoberflĂ€che, sondern auch die Festlegung der GrenzflĂ€chen im Spannungsfeld des Nahraumes. Die Verteilung der (optischen) Massen legt unter BerĂŒcksichtigung des Umfeldes die Grenze zwischen Nahwirkung und Fernwirkung der Skulptur fest. Diese ZusammenhĂ€nge sind bei der Umsetzung von Ideen in die Sprache der Skulpturen zu berĂŒcksichtigen. Dabei zeigt sich, daĂ die OberflĂ€che mit den umgrenzenden NahrĂ€umen ein Gesamtsystem bilden. Die OberflĂ€che ist BedeutungstrĂ€ger der Idee verbunden mit der Eigenart der angrenzenden RĂ€ume insbesondere der in ihnen enthaltenen Stoffe und Massen. Sie ist der Fokuspunkt des gesamten Systems, sie ist das Leben der Skulptur. Die dargelegten ZusammenhĂ€nge und EinfluĂgröĂen besitzen eine gewisse AllgemeingĂŒltigkeit und lassen sich - entsprechend angepaĂt - auf andere EntĂ€uĂerungsformen kĂŒnstlerischer TĂ€tigkeit ĂŒbertragen. Hans-Joachim Uth, Dezember 1992 |